Tag 2 – Der Weg der Kinder von Emerald Hill
Wie ist es, ein Waisenkind in Emerald Hill zu sein? Wie kommt man in das Heim? Was passiert, wenn man es mit 18 wieder verlässt? Am heutigen Tag haben wir uns auf die Suche nach Antworten gemacht.
„Aus solchen Verhältnissen kommen unsere Kinder“, sagt Tinotenda, während wir durch Mbare fahren, eines der größten Slums der simbabwischen Hauptstadt Harare. Mbare ist ein Durcheinander aus kleinen, engen Hütten, größeren, heruntergekommenen Wohnblocks, einem riesigen Markt, Müll, Schlaglöchern und Abwasser. „Strom gibt es hier manchmal wochenlag nur vier Stunden in der Nacht. Fließend Wasser mit Glück zweimal in der Woche. Und eine Kanalisation überhaupt nicht.“ Die Bewohner:innen von Mbare sind mit Überleben beschäftigt und leben oft auf engstem Raum, bis zu drei Familien pro Wohnung – „ein perfekter Ort für Missbrauch“.
Um solchen Missbrauch zu verhindern und Kinder zu schützen, gibt es in Simbabwe die ‚Social Welfare‘, vergleichbar mit dem deutschen Jugendamt. Diese ist es auch, die den Kindern einen Platz im Waisenhaus Emerald Hill zuweist, erklärt uns Tinotenda weiter, die seit 2016 selbst für das Fundraising in Emerald Hill verantwortlich ist. „Wir nehmen die Kinder nicht einfach selbst von der Straße auf.“
Die Biographien der Waisen machen oft unkonventionelle Lösungen nötig. „Wir haben hier eine Zwölfjährige, die quasi noch nicht in der Schule gewesen ist.“ Die Vorbereitung auf den Regelunterricht findet dann durch einen eigenen Lehrer im Homeschooling statt, ehe es in eine Klasse geht – die immer ein Kompromiss sein muss aus Alter und Bildungsstand des Kindes. Insbesondere Kinder, deren Eltern noch am Leben seien, sie aber verstoßen hätten, sind durch diese Situation noch mehr belastet. „Ihnen fehlen die Wurzeln“, sagt Sister Gabriele, Leiterin des Waisenhauses. „Und ohne eine Herkunft und ein Totem ist man in der simbabwischen Gesellschaft ein Niemand.“ Eine ehemalige Waise, die es zur Anwältin geschafft habe, sei trotz der erfolgreichen Berufslaufbahn in der Familie ihres Freundes auf Ablehnung gestoßen. „Das schmerzt natürlich“, erzählt Gabriele.
Gleichzeitig versucht das Heim, traumatisierten Kindern mit Therapieangeboten zu helfen. Es gibt Psychotherapie und Gruppenstunden. Und auch der Übergang aus dem Heim in das ‚wahre Leben‘ wird als solcher gestaltet: Es gibt Übergangswohnungen in der Nähe des Heims, in dem die jungen Erwachsenen wohnen können, nachdem sie das Heim verlassen haben. Schon während des Heimaufenthaltes sucht die Heimleitung entfernte Verwandte, um sie mit Besuchen in den Ferien nach Möglichkeit an solche Familienteile heranzuführen. Und mindestens 20 Ehemalige werden aktuell in ihrem weiteren Bildungsweg, also etwa beim College- oder Universitätsbesuch, finanziell unterstützt.
Andere Stipendien gibt es, aber diese werden streng nach dem Leistungsprinzip vergeben – für Waisenkinder, die mit Kindern von Eliteschulen darum konkurrieren müssen, keine leichte Aufgabe. Auch an anderer Stelle bleibt die staatliche Unterstützung weit hinter dem zurück, was nötig wäre. Obwohl der Staat die in Obhut genommenen Kinder im offiziellen Duktus als „seine Kinder“ bezeichnet, sind weder die Jugendämter auskömmlich ausgestattet, noch wird das Personal der Kinder- und Waisenheime durch den Staat bezahlt. Dadurch bleiben Aufgaben der Jugendämter wie etwa eine Familienzusammenführung oder die Finanzierung des Personals vollständig am Emerald Hill Children’s Home hängen.
Das aber lohnt sich, wie uns Ambition erzählt, eine ehemalige Heimbewohnerin und jetzt erfolgreiche Lehrerin und Taxiunternehmerin: „Im Rückblick ist man dankbar. Die Kinder hier bekommen so viel, was andere nicht bekommen: Einen Schlafplatz, regelmäßige Mahlzeiten, einen geregelten Alltag mit Zeit zum Spielen. Und man fühlt sich geliebt.“
Und dass das so bleibt, dafür sorgen wir mit Ihnen zusammen. Sie hören bei nächster Gelegenheit wieder von uns.
Bleiben Sie uns verbunden!
Ihr
Simba-AK
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